Dienstag, 15. Oktober 2013

Runaway - 3 - Pollen

Während sie noch über dem ausgeschalteten Bibliothekscomputer grübelte, musste sie feststellen, dass sie mehr nützliches in dem Forum gelernt hatte, als aus dem Buch zuvor. Zum Beispiel hatte sie gelernt, dass man vieles, was man in der Natur fand, gewinnbringend verkaufen konnte, je seltener, desto besser. Und ein anderer hatte sich beschwert, wie verschwenderisch die Leute teils auf dem Sommerfest mit Essen umgehen. Vielleicht würde dort etwas für sie Abfallen. Also machte sie sich auf dem Weg zum Stadtpark, der praktischerweise auf halbem Wege zwischen dem Stadtzentrum und ihrem neuem "Heim" lag. Diesmal verzichtete sie auf die Hilfe der U-Bahn und lief den ganzen Weg, während sie ständig ausschau hielt, ob nicht etwas Sammelbares auf dem Weg zu finden war. Doch sie hatte kein Glück, noch schlimmer - es hatte zu Regnen angefangen, und so war niemand ausser den Angestellten auf dem Festgelände. Und die Aussicht auf eine Nacht, draussen, im Regen, nur in einem Schlafsack war auch nicht sehr verführerisch. Zwar hatte sie einen Baum, unter den sie sich legen konnte, aber wenn es weiter so heftig schüttete, würde er wenig Schutz bieten. Doch, angekommen, stellte sie etwas anderes fest. Unbemerkt und ungepflückt, weil wohl kaum jemand hier war, hatten sich in die Blumenkästen des Parks ein paar Wildblumen verirrt. Zwar wusste sie nicht, ob sie etwas Wert waren, aber sie pflückte erst einmal so viele sie bekommen konnte, und folgte dann dem Rat, wie man sie verkauft. So lernte sie auch, welche mehr Wert waren als andere, und welche praktisch als Unkraut galten. Und nun staunte sie nicht schlecht, sie hatte einen vierstelligen Simoleon Betrag zusammen. Das war nicht nur genug, um sich etwas Obst und ein paar Würstchen zu kaufen, sie konnte sich sogar ein paar Rigips Wände, eine Tür, ein Notfenster, einen Holzimmitatboden und vor allem ein Bett leisten. Natürlich von allem nur das günstigste, und das Dach musste sie aus Zweigen und Gras improvisieren, aber, modular wie es gestaltet war, konnte sie es zusammen mit dem Helfer vom Baumarkt in kürzester Zeit aufstellen, noch bevor es so spät war, dass sie halbtot zusammenbrach - viel hatte aber nicht mehr gefehlt.

Ihr Magen war nicht so richtig voll. Es hatte sich gezeigt, dass die Würste nur geniessbar waren, wenn sie gegrillt wurden und für ein Lagerfeuer war nun alles zu Nass, so dass sie lediglich etwas Obst essen konnte.

"Was solls", dachte sie, "das ist ja nicht zum ersten mal, und es war schon schlimmer."

Etwas anderes machte ihr schon mehr zu schaffen. Offensichtlich hatte sie eine leichte Pollenallergie, und da ihr Immunsystem nicht gerade von ihren Lebensumständen profitierte, wirkte sich das noch heftiger aus, als sie dachte. Würde sie noch einmal Blumen pflücken können? Würde sie überhaupt wieder welche finden?

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